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Wie du die Anfangsphase eines Rennens für dich nutzt...

Ein Rennen hat immer unterschiedliche Phasen – egal wie lang es ist und egal in welchem Modus gefahren wird. In jeder Phase sollte ein Fahrer ungefähr wissen, auf welche Gegebenheiten er sich einstellen muss und wie er sich verhält. Heute betrachten wir die erste Phase eines Rennens: Die Anfangsphase.

Im Folgenden stellen wir dir 7 Fragen vor, bei denen es hilfreich ist, sie im Vorfeld des Rennens zu beantworten und in der Anfangsphase des Rennens präsent zu haben.

1. Welche Form des Starts wird gefahren?

Stehender Start: Fokus auf das Erlöschen der Startampeln
Stehender Start: Fokus auf das Erlöschen der Startampeln

Wird stehend gestartet, fliegend in einer Reihe oder fliegend in zwei Reihen? Jede Form des Starts erfordert unterschiedliche Herangehensweisen. Beim stehenden Start liegt der Fokus komplett auf dem Umspringen der Startampel, während beim fliegenden Start in einer Reihe das Verhalten des Führenden und beim fliegenden Start in zwei Reihen, sowohl das Umspringen der Startampel, als auch das Verhalten der Gegner um einen herum entscheidend sind. Beim stehenden Start kannst du die Gegner um dich herum und den Führenden komplett vergessen. Fokussiere dich nur auf deine Reaktion auf die Startampel. Springt sie um, willst du eine Reaktionszeit wie Valtteri Bottas beim Österreich Grand Prix 2017 zeigen 😉 Sobald es dann losgeht, kannst du dich wieder um die Gegner um dich herum kümmern. Beim fliegenden Start in einer Reihe solltest du darauf achten, was der Führende macht. Er gibt in der Regel das Tempo vor und entscheidet wann und wo er das Rennen eröffnet. Fokussiere dich daher ganz auf ihn und stelle lediglich durch dein peripheres Sehen sicher, dass du dem Vordermann nicht in die Kiste fährst, sollte er den Start verschlafen. Beim fliegenden Start in zwei Reihen musst du den Hauptfokus zwar auch auf die Startampel legen, musst aber gleichzeitig im Auge behalten, welche Geschwindigkeit die Fahrzeuge vor dir haben, um nicht vor lauter Fokus auf die Ampel den Anschluss zu verlieren oder dem Vordermann aufzufahren. Mache dir vor dem Start bewusst: Welche Form des Starts wird gefahren und wie stellst du sicher, dass du einen möglichst guten Start erwischst? Durch die Bewusstmachung vor dem Start stellst du sicher, dass du selbigen nicht „verpennst“.

2. Wie lang ist das Rennen?

Wird ein Sprintrennen gefahren oder ein Langstreckenrennen? Abhängig davon erhöht sich deine Risikobereitschaft in der Anfangsphase (Sprintrennen) oder reduziert sich (Langstreckenrennen). Wenn das Rennen kurz ist und es nicht viel Zeit gibt, deine Position zu verbessern, solltest du die Anfangsphase nutzen und aggressiver zu Werke gehen. In dieser Phase ist das Feld noch dicht beisammen und Positionsgewinne sind wahrscheinlicher. In späteren Rennphasen, wenn das Feld weiter auseinandergezogen ist, wird es schwieriger, Positionen zu gewinnen. Wenn das Rennen ein Sprintrennen ist, solltest du die Anfangsphase für Positionsverbesserungen nutzen.

Wenn du hingegen ein Langstreckenrennen fährst, kann es ratsam sein, (über-)aggressive Gegner in der Anfangsphase eines Rennens in Ruhe bzw. sie vorbei zu lassen. Überholmanöver solltest du sorgfältig vorbereiten und zwar generell - aber bei Langstreckenrennen im Besonderen - deine Zweikämpfe sehr sauber und ohne Risiko führen. Wenn deine Gegner in der Anfangsphase eines Langstreckenrennens sehr aggressiv zu Werke gehen und ein hohes Risiko eingehen: Lass sie machen. Möglicherweise werden sie sich früher oder später ihr Fahrzeug beschädigen oder einen höheren Verschleiß haben und auf lange Sicht wieder hinter dir landen. Allerdings auch Vorsicht bei dieser Herangehensweise: Du solltest nicht komplett den Anschluss verlieren und einfach nur hinterher segeln. Möglichst schnell bei möglichst wenig Risiko ist in solchen Situationen immer noch die Devise.

3. Auf welcher Position startest du?

Zahlreiche Positionskämpfe sind typisch für die Anfangsphase
Zahlreiche Positionskämpfe sind typisch für die Anfangsphase

Je nach Startposition ergeben sich ebenfalls unterschiedliche Herangehensweisen an ein Rennen. Startest du vorne, muss dein Ziel sein, dich vom Rest des Feldes abzusetzen und möglichst wenig in Zweikämpfe verwickelt zu werden. Dazu kann es z.B. ratsam sein, zunächst in einer Führungsgruppe mitzuschwimmen und dann zu einem späteren Zeitpunkt die entscheidende Attacke zu reiten. Startest du hingegen im Mittelfeld oder weiter hinten, solltest du dir überlegen, wie du taktische Elemente (siehe später bei Frage 7), die dich sowieso Zeit kosten, nutzen kannst. Wenn es zum Beispiel vorgeschrieben ist, eine gewisse Anzahl an Minuten mit mehr Gewicht zu fahren, kann es bei einer Startposition im Mittelfeld oder am Ende des Feldes sinnvoll sein, dies direkt am Anfang zu tun. Halte dir immer vor Augen, dass das Feld in der Anfangsphase dicht beisammen ist und nur wenige Fahrer ihr schnellstes Tempo fahren können, weil sie in Positionskämpfe verwickelt sind, überholen oder sich verteidigen. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das Feld auseinandergezogen ist, kannst du deine Geschwindigkeit wesentlich besser ausspielen. Nutze dies taktisch klug aus!

In Zusammenhang mit den Fragen 2 und 4 ist es wichtig, deine Risikobereitschaft zu bestimmen. Stehst du unter Zugzwang oder hast du einen gewissen Spielraum? Liegst du auf einer Position, die eher gut oder eher schlecht für dich ist? Justiere deine Risikobereitschaft entsprechend.

4. Welche Position musst du erreichen?

Natürlich möchte jeder Rennfahrer immer jedes Rennen gewinnen. Trotzdem gelingt es keinem. Du bildest da wahrscheinlich keine Ausnahme. Mache dir daher vor dem Rennen bewusst, welche Position du erreichen willst. Wie ist der Meisterschaftsstand? Wo liegen deine Konkurrenten? Welche Belohnungen gibt es nach dem Rennen (Pokale, Preise, Punkte)? Was ist dir wichtiger? Die unmittelbare Belohnung oder die Meisterschaft oder beides? Je nachdem wie du die Fragen für dich beantwortest, ändert sich auch hier deine Risikobereitschaft für die Anfangsphase des Rennens. Hast du z.B. nur die Meisterschaft im Blick, kannst du vielleicht auch mit einem dritten Platz leben, wenn dein schärfster Konkurrent nur Achter oder Neunter wird. Gehst du hingegen in ein Ausscheidungsrennen, bei dem nur der Sieger in die nächste Runde einzieht, wirst und musst du alles geben, um dieses Rennen zu gewinnen.

5. Wie sind die Überholmöglichkeiten auf der Strecke?

Kannst du in jeder Runde davon ausgehen, an mindestens zwei bis drei Stellen überholen zu können oder handelt es sich um eine Strecke, auf der du erst auf einen Fehler deines Gegners hoffen musst, um vorbei zu kommen? Die Strecke bestimmt, wann du welches taktische Element einsetzen solltest und wieviel Risiko du dabei gehen kannst. Fällst du zum Beispiel durch einen frühen Boxenstopp hinter langsamere Fahrer zurück, wird dich das auf einer überholfreundlichen Strecke wesentlich weniger Zeit kosten und dir mehr taktischen Spielraum geben, als auf einer überholfeindlichen Strecke. Mache dir daher vorher bewusst, wie die Überholmöglichkeiten aussehen.

6. Welche Gegner befinden sich in deiner Nähe?

Sind dir die Gegner und ihre Fahrweise um dich herum bekannt, mache dir bewusst, was dich in der Anfangsphase des Rennens wahrscheinlich erwartet und stelle dich darauf ein. Manchmal kann es auch hilfreich sein, noch vor dem Start ein Gespräch mit dem einen oder anderen Gegner zu führen. Kennst du deine Gegner nicht, konzentriere dich zunächst ganz bewusst nur auf dich und reagiere dann entsprechend, sobald du sie kennenlernst. Die Fahrer vor dir und deren Zweikampfverhalten solltest du gut beobachten und Rückschlüsse für (näher oder ferner) in der Zukunft liegende Zweikämpfe mit ihnen ziehen.

7. Welche taktischen Elemente gibt es während des Rennens?

Wann werden Boxenstopps/Fahrerwechsel durchgeführt?
Wann werden Boxenstopps/Fahrerwechsel durchgeführt?

Musst du Boxenstopps machen, darfst du eine Abkürzung fahren, musst du eine bestimmte Zeit lang mit einem bestimmten Gewicht fahren, gibt es Fahrerwechsel oder Safetycarphasen, etc? Alle taktischen Elemente solltest du vor dem Rennen kennen und dir klar machen, ob bzw. unter welchen Bedingungen du sie in der Anfangsphase des Rennens einsetzen möchtest. Diese Elemente durchzuspielen, mag etwas länger dauern, aber im Rennen selber, während du fährst, diese Überlegungen anzustellen, ist doppelt schwierig. Dort hast du unter Umständen nicht mehr die Zeit, die Situation zu analysieren, und musst eine Bauchentscheidung treffen. Vermutlich wird das nicht immer die beste Entscheidung sein.

Fazit

Wenn du diese 7 Fragen vor dem Start beantwortest und die Antworten während der Anfangsphase eines Rennens parat hast, sind deine Erfolgsaussichten für das gesamte Rennen wesentlich besser, als wenn du nur das Visier runterklappst und losfährst. Wir wünschen dir viel Erfolg bei deinem nächsten Rennen und hoffen, dir mit diesem Artikel weitergeholfen zu haben. Wenn du Fragen hast oder uns generell Feedback geben möchtest, lass uns gerne einen Kommentar da.

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