Die grundsätzliche Intelligenz eines Menschen wird allgemein als wenig beeinflussbar beschrieben. Sie ist nicht erlernbar. Man hat sie oder man hat sie nicht. Dies ist übrigens auch ein Satz, den man sehr häufig an den Kart- und Rennstrecken dieser Welt zu hören bekommt: „Entweder ein Fahrer hat Rennintelligenz oder er hat sie nicht.“
Aber stimmt das wirklich? Kann ein Fahrer seine Rennintelligenz nicht verbessern? Schauen wir dazu einmal in den englischen Sprachraum. Sucht man nach einer Übersetzung des Wortes „Rennintelligenz“ findet man nach einigem Suchen den Begriff „racecraft“. Dieser meint laut Definition aber eher das Geschick und die Fähigkeiten eines Fahrers im Hinblick auf die Rennsituationen, die Gegner und die Strategie. Geschick und Fähigkeiten sind durchaus erlernbar.
Wie also Rennintelligenz trainieren?
1. Rennsituationen analysieren
Profirennfahrer verbringen teilweise 1-2 Tage, um ein Rennen komplett zu analysieren. Rene Rast hat diesen Zeitrahmen zum Beispiel in einem seiner Facebookvideos genannt. Er schaut sich jede Runde an – auch aus verschiedenen Onboard-Ansichten und mit den dazugehörigen Daten. Nun verfügt ein Profirennfahrer über Renningenieure und weitere Helfer, die ihn bei der Analyse unterstützen. Jemand, der ohne solche Unterstützer unterwegs ist, sollte sich umso mehr nach dem Rennen hinsetzen und das Rennen noch einmal komplett Revue passieren lassen. Gibt es Videoaufnahmen? Welche Daten stehen zur Verfügung? Was hat man unmittelbar nach dem Rennen noch im Kopf? Was ist gut gelaufen? Was aber auch nicht? Jedes Detail hilft einem dabei, sein Geschick und seine Fähigkeiten in Bezug auf Rennsituationen, Gegner und Strategie zu steigern und im nächsten Rennen besser abzuschneiden. Aber natürlich hilft es auch, sich mit den Rennsituationen anderer Fahrer auseinander zu setzen und diese zu analysieren. Du siehst im Fernsehen ein Rennen? Versuche, dich in einen Fahrer hinein zu versetzen und analysiere das Rennen aus seiner Sicht.
2. Videos studieren
Auch hier geht der Blick zu anderen Profisportlern. Was machen sie? Ein Handballtorwart muss zum Beispiel, wie ein Rennfahrer, in Bruchteilen von Sekunden entscheiden, wie er sich verhält. Henning Fritz, ehemaliger deutscher Handballnationaltorwart, berichtete einmal, dass er sich vor jedem Spiel Videos von den gegnerischen Werfern ansah, um so im Spiel intuitiv die richtigen Entscheidungen zu treffen. Selbst ein Dennis Rodman, ein für seine Eskapaden bekannter Basketballprofi der Chicago Bulls, setzte sich vor den Spielen hin und analysierte seine Gegner und ihre Spielweise per Video (zu sehen in der Netflix-Serie „The Last Dance“).
Das bedeutet für uns Motorsportler, dass wir im Vorfeld Videos von vorherigen Rennen auf der zu fahrenden Strecke ansehen sollten. Wie sind die Starts verlaufen? Welche besonderen Ereignisse aufgrund der Strecke gab es? Das gleiche gilt für die Videos der Gegner. Wie verhalten sie sich im Zweikampf? Welche Linien fahren sie? Über all dem schwebt dann die Frage: Was kann ich aus diesen Informationen lernen und für mich ins nächste Rennen mitnehmen? Das klingt alles sehr aufwendig. Aber es gibt einen Grund, warum die Profisportler so vorgehen: Diese Methode macht sie besser.
Fazit
Rennintelligenz kann man lernen. Wer sich mit Rennsituationen auseinander setzt, diese analysiert und Videos studiert, spielt viel mehr Rennsituationen aus viel mehr Blickwinkeln durch als ein Fahrer, der das nicht tut. Er ist so in der Lage, im Rennen in Bruchteilen von Sekunden die bessere Entscheidung zu treffen. Entweder weil er die konkrete Situation schon kennt oder – und das ist wahrscheinlicher – weil er diese aufgrund seines größeren Erfahrungsschatzes besser antizipieren kann.
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Stephan Brückner (Mittwoch, 23 Juni 2021 11:50)
Genau… und nicht zu vergessen: man kann seine Rennintelligenz bei clever-Racer-Coachings sehr gut verbessern ��